Nahaufnahme einer Pflasterstraße

Werner-Bergengruen-Straße

Werner-Bergengruen-Straße

von Manfred Lerch, Stadtheimatpfleger

Sie liegt im Süden der Stadt und wurde in den frühen 70er Jahren nach dem baltendeutschen Schriftsteller Werner Bergengruen benannt, der am 16. September 1892 als Sohn des Arztes Paul Bergengruen und seiner lettischen Ehefrau Helene von Boetticher in Riga das Licht der Welt erblickte.

Infolge der deutschfeindlichen Russifizierungspolitik unter Zar Alexander III. verließ die Familie ihre angestammte baltische Heimat und übersiedelte in die Hansestadt Lübeck. Dort besuchte der zehnjährige das Gymnasium und studierte anschließend evangelische Theologie, Germanistik und Kunstwissenschaft in Marburg, Berlin und München, ohne einen akademischen Bildungsabschluss zu erwerben.

1914 meldete sich Bergengruen als Kriegsfreiwilliger und schloss sich Anfang 1919 einem Freischärler-Corps der Baltischen Landwehr an, um in Riga gegen die Bolschewiken zu kämpfen. 1920 arbeitete Bergengruen als freier Journalist in Berlin, Tilsit und Memel für verschiedene Tageszeitungen.

1923 erschien sein Erstlingsroman „Das Gesetz des Atum“ und die Erzählung „Rosen am Galgenholz“. Von 1927 ab lebte Bergengruen  als Schriftsteller in Berlin und später in München-Solln. Aufgrund seiner baltischen Herkunft übersetzte er Romane aus dem Russischen von Tolstoi, Dostojewski und Turgenjew. Den Nazis war Bergengruens christlich-humanistische Einstellung von Anfang an ein Dorn im Auge. Sein Roman „Der Großtyrann und das Gericht“ (1935) führte zu Bergengruens Ausschluss aus der Reichsschrifttumskammer.

Portait von Werner Bergengrün

Zu seiner Begründung hieß es: „Weder er, noch seine Kinder sind Mitglieder ohne Parteigliederung. Der deutsche Gruß ,Heil Hitler‘ wird weder von ihm noch von seiner Familie angewendet. Eine Parteizeitung bezieht er offenbar nicht“ und man stellte fest, dass Bergengruen konfessionell zu stark gebunden sei. Der Beschuldigte flüchtete daraufhin in die innere Emigration. 1936 konvertierten der Lutheraner und seine jüdische Ehefrau samt ihren Kindern zum römisch-katholischen Glauben.

Mit seinem Dichterkollegen Reinhold Schneider verband ihn eine enge Freundschaft. Seinetwegen zog Bergengruen nach der Zerstörung seines Hauses in München-Solln durch Bombentreffer 1942 in dessen Jagdhaus nach Achenkirch in Tirol, von 1946 bis 1958 nach Zürich, 1958 nach Rom und schließlich nach Baden-Baden, wo Bergengruen am 4. September 1964 starb und am dortigen Hauptfriedhof die letzte Ruhestätte fand.

Für sein umfangreiches Schaffenswerk erhielt der Dichter zahlreiche Preise und Ehrungen u.a.:

  • 1951, Wilhelm-Raabe-Preis
  • 1957, Großes Bundesverdienstkreuz
  • 1958, Pour le mérite
  • 1962, Schiller-Preis

 

Während Bergengruens Werke in der Nachkriegszeit noch ein Massenpublikum begeisterten, gerieten diese nach seinem Tod zunehmend in Vergessenheit und fanden spätestens in den Sechzigerjahren ihr abruptes Ende.

In seinem Buch „Deutsche Reise“ von 1934 setzte Werner Bergengruen unserer Stadt ein großartiges literarisches Denkmal. Auf seiner Radtour vom Sommer 1933 durch deutsche Städte und Landschaften kam der Dichter auch nach Altötting und besuchte die Gnadenkapelle auf dem Kapellplatz. Beeindruckt vom mystischen Dunkel des Oktogons und den stillen Betern vor dem Gnadenbild, schrieb er in sein Tagebuch „…nur die kleine Gnadenkapelle erhielt sich unversehrt. Sie ist auch jetzt noch das Herz Altöttings, ja, das  H e r z   B a y e r n s“.

Papst Benedikt XVI., seit seiner Kindheit ein eifriger Marienverehrer, erweiterte 2005 dieses Zitat auf „… u n d   e i n e s   d e r   H e r z e n   E u r o p a s “. Der frühere barocke Beiname „Deutsches Loretto“ gehört damit endgültig der Geschichte an.

 

Porträtfoto von Werner Bergengruen.

Foto: Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland