Richard Billinger erblickte am 20. Juli 1890 in St. Marienkirchen bei Schärding das Licht der Welt. Seine Kindheit war geprägt einerseits vom bäuerlichen Tagewerk auf den väterlichen Fluren und Feldern, andererseits von der Mithilfe der Mutter im Krämerladen. Nach dem Wunsch der Eltern sollte der Bub Priester werden. Von 1902 bis 1905 besuchte deshalb der Jesuitenzögling das Linzer Kollegium Petrinum, wechselte aber wegen sittlicher Verfehlungen alsbald zum k. k. Gymnasium in Ried im Innkreis über, wo er 1910 die Matura ablegte. Anschließend studierte er an den Universitäten zu Innsbruck, Kiel und Wien Philosophie und Germanistik, allerdings ohne akademischen Abschluss.
Der grobschlächtige Zweimeter-Hüne und bärenstarke „Kraft-Lackl“ machte aber keine Anstalten zu einem vernünftigen Beruf, sondern trieb sich in einschlägigen Kaffeehäusern herum, bis er in Wien Bekanntschaft mit den Dichtern Hugo von Hofmannsthal (1874-1929) und Max Mell (1882-1971) machte, die ihn gönnerhaft förderten und finanzierten. 1922/23 erschienen Billingers erste Gedichtbände „Lob Gottes“ und „Über die Äcker“, für letzteren er den Literaturpreis der Stadt Wien erhielt.
Mit seinen Dramen „Das Perchtenspiel“ (1928), „Rauhnacht“ (1931 Kunstpreis) und „Rosse“ (1931) feierte er wahre Triumphe. In diesen widerspiegelt sich seine Innviertler Heimat zwischen Inn und Donau und dabei wird nicht nur der heidnische Dämonenglaube des Volkes lebendig, sondern auch die auf das ewige Heil ausgerichteten, spirituellen Kräfte der Kirche. Billinger entwickelte im Laufe der Zeit neben Carl Zuckmayer (1896-1977) zum meistgespielten Bühnenautor und erfuhr bei seinen Theaterstücken auch die Unterstützung seines Seelenfreundes, des Zeichners und Illustrators Alfred Kubin (1877-1959) aus dem benachbarten Zwickledt bei Wernstein am Inn.
Der Umstand, dass Billinger in seinen Werken häufig männliche Körperlichkeit, Geschlechtlichkeit und Triebhaftigkeit betonte, brachte ihn, der selbst mit einem Lebensgefährten zusammenwohnte, vor die Schranken des Münchner Landgerichts. Dort musste er sich wegen „widernatürlicher Unzucht“ verantworten, wurde aber freigesprochen, wofür er sich mit einer vierzeiligen Hommage an den Führer Adolf Hitler literarisch revanchierte.
1939 übersiedelte Billinger mit seinem Lebensgefährten nach Niederpöcking am Starnberger See und arbeitete an Filmdrehbüchern und Rundfunkhörspielen. Seinem Heimatdorf St. Mariakirchen blieb er seit dem Tod seiner Eltern fern. Sommers übernachtete er gelegentlich bei seiner alten Krämerbase in Hartkirchen. Den Lebensabend aber verbrachte er in Linz. Mit Rotwein versuchte der alternde Dichter sein Leben erträglich zu gestalten, schrieb ab und zu noch Gedichte, aber auch Bettelbriefe auf Bierfilze.
Nach einem Regierungsbeschluss bekam der greise Poet seit 1954 bis auf Lebensende einen monatlichen Ehrensold von 2.000 Schilling zugesprochen. Als erfolgreicher Schriftsteller wurde er noch mit zahlreichen Preisen und Ehrungen gewürdigt: dem Grillparzer-Preis, dem Bayerischen Poetentaler, dem Bundesverdienstkreuz am Bande und dem Professorentitel.
Viele Straßen und Schulen in Ostbayern und Oberösterreich tragen heutzutage Billingers Namen, sogar Briefmarken sein Konterfei. Auch unsere Heimatstadt Altötting benannte eine Straße nach ihm. Der Grund dafür: des Dichters Lobeshymne aus dem Jahr 1931.
Quellen:
Heimatbuch Altötting
Zeitungsarchiv