Nahaufnahme einer Pflasterstraße

Maria-Ward-Straße

MARIA-WARD-STRASSE

von Manfred Lerch, Stadtheimatpfleger


Die Namensgebung erfolgte auf Anregung der Englischen Fräulein durch Stadtratsbeschluss vom 31. Mai 1929 für das damals ausgebaute, kurze Verbindungsstück zwischen Stinglhamer- und Kreszentiaheimstraße. Bereits zwei Jahre später wurde die Maria-Ward-Straße bis zum Amtsgerichtsgebäude an der Burghauser Straße verlängert, so dass eine durchgehende Nord-Süd-Verbindung entstand. 

Bild von Maria Ward

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wuchs der Unmut über die politisch unerwünschte englische Straßenbezeichnung und man war fest entschlossen, diese durch einen passenderen deutschen Namen abzuändern. Das Sitzungsprotokoll der „Ratsherren“ – wie die Stadträte damals hießen -  vom 20. Oktober 1942, stellte dazu fest 

„In Altötting sind verschiedene Straßenbezeichnungen nicht mehr zeitgemäß. Es ist z. B. unverständlich, dass nach drei Jahren Krieg mit England und nach den vielen Luftangriffen dieser Nation auf offene Städte Deutschlands heute noch eine Straße nach einer Engländerin (Maria Ward) benannt ist. Auch übrige Straßen der Stadt führen noch klerikale Namen. Die Umbenennung verschiedener Straßennamen ist am Platze. Die anwesenden Ratsherren stimmten den Ausführungen des Vortragenden zu.“ 

Mary Ward erblickte am 23. Januar 1585 zu Old-Mulwith in der nordenglischen Grafschaft Yorkshire das Licht der Welt. Sie entstammte dem katholisch gebliebenen Landadel. Kindheit und Jugend waren von der schlimmen Katholiken-Verfolgung unter Königin Elisabeth I. betroffen. Das Feiern der Hl. Messe war verboten und wer dem anglikanischen Gottesdienst fernblieb, musste Strafe zahlen. Kontakte mit katholischen Geistlichen galten als Verbrechen; dem Priester selbst drohte wegen des bloßen Aufenthalts im englischen Hoheitsgebiet die Hinrichtung als Hochverräter. Aus den Erzählungen einer Dienerin erfuhr Mary, dass es auf dem Festland Klöster gab, in denen Frauen sich ganz Gott weihten. 

Mit 21 Jahren entschloss sich Mary, in einen solchen strengen Orden einzutreten. Sie begann im französischen Klarissenkloster Saint-Omer als Laien- und Bettelschwester, was aber nicht ihren Vorstellungen entsprach. Zusammen mit ihren Glaubensgefährtinnen unterrichtete sie katholisch-englische Mädchen und gewann dabei die Überzeugung, dass die Lebensweise nach den Regeln des Hl. Ignatius von Loyola ihr besser entsprach. Klostergründungen in Lüttich, Trier und Köln folgten.

Zu Fuß machte sich Mary Ward 1621 auf den Weg in die Ewige Stadt, um von Papst Gregor XV. dessen Zustimmung als Ordensgemeinschaft zu erwirken. Der aber wollte sich nicht festlegen. Sein Nachfolger, Urban VIII., lehnte das Ansuchen wegen fehlender Klausurvorschriften ab. Doch Mary Ward ließ nicht locker und gründete in München, Wien und Preßburg weitere Niederlassungen der Englischen Fräulein.  1631 verbot der Papst den Frauenorden und beschuldigte Mary Ward sogar der Häresie, weswegen sie kurzzeitig eingekerkert war. In Rom aber wurde sie von fast allen Anklagepunkten freigesprochen. 

Hut, Schuhe, Kreuz und Rosenkranz von Maria Ward

1637 reiste Mary Ward schwer krank in ihr Heimatland und starb in Hewarth  am 30. Januar 1645 im Alter von 60 Jahren. 

Kurfürst Max Emanuel hatte unterm 10. Januar 1721 auf Bitten der Generaloberin der Englischen Fräulein in Nymphenburg, Maria Magdalena von Schnegg die Erlaubnis zur Errichtung eines Noviziats in Altötting erteilt. Am 3. Mai 1721 trafen fünf „Engeländische Freylen“, darunter die erste Instituts-Vorsteherin Maria Elisabeth von Giggenbach ein. 1722 konnten die Englischen Fräulein die ehemalige Behausung des Pettenkramers Franz Primier (Neuöttinger Straße 6) käuflich erwerben und zur Schule für die heranwachsende weibliche Jugend ausbauen. 

Zentraler Mittelpunkt der Straßenfront wurde die Institutskirche (1735 bis 1737) an der Michaelsgasse (Neuöttinger Straße), die die Einheimischen „Englische Gasse“ nannten. Um finanziellen Schaden von der Hl. Kapelle abzuwenden, mussten folgende Auflagen eingehalten werden
  

  • keine Opferstöcke
  • keine Votivmessen
  • keine gesungenen Ämter
  • keine Stiftungen.

In Bayern wurde Maria Wards segensreiches Wirken von den Wittelsbachern hoch geschätzt. Zahlreiche Kindergärten, Schulen und Straßen tragen ihren Namen. Papst Benedikt XVI. würdigte am 19. Dezember 2009 die glaubensstarke, leidgeprüfte und kirchentreue Klosterfrau als „ehrwürdige Dienerin Gottes“. 2021 feiert unsere Wallfahrtsstadt das 300-jährige Gedenken an Maria Wards Vermächtnis.

Quellen:
Stadtarchiv Altötting
Gregory Kirkus, Mary Ward, 2008
Ursula Dirmeier, Maria-Ward-Gymnasium Bamberg


Die Reiseutensilien von Mary Ward, die im Kloster der Englischen Fräulein aufbewahrt werden.