Nach dem Abitur studiert Wilhelm an verschiedenen Universitäten Rechts- und Staatswissenschaften und tritt einer schlagenden Studentenverbindung bei. Gleich beim allerersten Fechtkampf schlägt ihm ein Kommilitone die Nasenspitze ab. Ein Stück Haut aus dem Oberarm wird ersatzweise angenäht. Ketteler arbeitet ab 1835 als Rechtsreferendar im preußischen Staatsdienst, vergnügt sich standesgemäß auf fürstlichen Jagden und ist ein gern gesehener Partygast. Nach nur drei Jahren quittiert der junge Beamte seine erst begonnene Laufbahn aus Protest gegen die Staatsallmacht, die zu dieser Zeit die Rechte der Kirche in unerträglicher Weise beschneidet.
Freunde raten ihm, der sich jetzt in einer Berufskrise befindet, Geistlicher zu werden, doch Ketteler fühlt sich dazu nicht würdig genug. Anlässlich einer Altötting-Wallfahrt (1841) reift vor dem Gnadenbild sein Entschluss, Priester zu werden. Der Spätberufene nimmt in München ein Theologiestudium auf, schließt sich dem Görres-Kreis an und empfängt am 1. Juni 1844 die Priesterweihe. Bereits als Kaplan und Pfarrer gewinnt die „soziale Frage“ und deren Lösung an wachsender Bedeutung. Kettelers unermüdlicher Einsatz gilt der Linderung von Armut, Krankheit und mangelnder Bildung der Unterschicht.
Als Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49 hat er in der Paulskirche in Reden und Predigten vielfach Gelegenheit, seine sozialen Anliegen einer größeren Öffentlichkeit vorzutragen. Am 25. Juli 1850 wird Wilhelm Emmanuel von Ketteler zum Bischof von Mainz geweiht.
Im ersten Reichstag (1871/72) fordert Ketteler als Mitbegründer der Zentrumspartei, einen Sozialstaat, Mindestlöhne, kürzere Arbeitszeiten und ein Verbot von Kinderarbeit. Damit wird er zum Wegbereiter der Katholischen Soziallehre und geistigen „Gründervater“ der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). Auch innerkirchlich gilt Ketteler als unbequem: Beim Ersten Vatikanischen Konzil spricht er sich zunächst gegen die päpstliche Unfehlbarkeit aus, befürwortet jedoch im weiteren Verlauf das Dogma der Infallibilität und sichert sich so die Zuneigung des Papstes.