Nahaufnahme einer Pflasterstraße

Josef-Hofmiller-Weg

Josef-Hofmiller-Weg

von Manfred Lerch, Stadtheimatpfleger

 

Im Münchner Kulturleben zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Josef Hofmiller als Literatur-, Musik- und Theaterkritiker eine hochgeschätzte, aber auch gefürchtete Instanz und zählte zu den bedeutendsten süddeutschen Essayisten seiner Zeit, dessen stilistische Eleganz noch heute fasziniert.

Josef Max Maria Hofmiller erblickte als Sohn eines Lehrers am 26. April 1872 zu Kranzegg im Allgäu das Licht der Welt, besuchte die Schule bei den Benediktinern im Kloster Scheyern, das Freisinger Domgymnasium und legte 1890 am Wilhelmsgymnasium in München die Reifeprüfung ab.

Portrait von Josef Hofmiller, gezeichnet von Harald Werner

An der Ludwig-Maximilians-Universität studierte er Germanistik und Philologie und schloss diese Fächer mit dem Staatsexamen und der Promotion ab. Als königlicher Gymnasiallehrer unterrichtete er 1907 in Freising, von 1912-1921 am Ludwigsgymnasium in München und von 1922 bis zu seiner Pensionierung in Rosenheim. Ehrenvolle Berufungen nach Berlin oder Köln schlug er aus und blieb seiner angestammten südbayerischen Heimat eng verbunden.

Josef Hofmiller war von Gestalt klein und untersetzt. Aus seinem markanten Charakterkopf leuchteten hellblaue Augen hinter dicken, randlosen Brillengläsern hervor. Vom Wehrdienst war er wegen seiner starken Kurzsichtigkeit befreit. Dafür übte er zur Kriegszeit das Ehrenamt eines Zensur-Beirats aus. Hofmiller blieb Zeit seines Lebens wie alle wahren Großen einfach und bescheiden.

Man konnte dem Junggesellen oft auf Rosenheims Straßen begegnen: Im Sommer mit der Kurzen, im Winter mit Skimütze und gewalktem Wolljanker. Meist trug der Herr Professor Obst und Gemüse im Einkaufsnetz oder den abendlichen Wurstaufschnitt vom Markt heim. In Gesellschaft aber erwies er sich als veritabler Feinschmecker und Weinkenner. Erst spät, im Alter von 44 Jahren, schloss Hofmiller den Bund der Ehe mit Hulda Eggart, aus dem zwei Söhne und eine Tochter hervorgingen.

Der profunde Nietzsche-Kenner reiste vor dem Ersten Weltkrieg oft auf Goethes Spuren nach Italien. In den Jahren der Rezession der Nachkriegszeit verlegte Hofmiller seine Wanderleidenschaft in unsere engere bayerische Heimat.

In einem seiner letzten Essays (1931/32) „Vom Wandern“ propagierte er die Abkehr von der klassischen Bildungsreise hin zu neuen Formen des Unterwegseins nach dem Motto: Wandern ist eine Tätigkeit der Beine und ein Zustand der Seele – Wandern ist der Inbegriff von Unabhängigkeit und eine vornehme Zwecklosigkeit – wenig Gepäck mitnehmen und den Baedeker zu Hause lassen.

Im Sommer 1928 erschien Hofmillers Büchlein „Wanderbilder und Pilgerfahrten“ aus der Reihe „Bücher der Heimat“ im Altöttinger Verlag Alfred Coppenrath, hrsg. von Dr. Hans Geiselberger. Darin schwärmt er von den Schönheiten unserer näheren Heimat und stellt fest: „Nur wer das Inntal zwischen Mühldorf und Rosenheim zu Fuß gegangen ist, weiß Au, Gars, Rott, Wasserburg ganz zu würdigen. Und nur wer von Freilassing an über Laufen und Tittmoning zu Fuß nach Burghausen wandert, kommt hinter die letzten Schönheiten des Rupertiwinkels.“ Hofmiller zeigt sich tief beeindruckt von Burghausen und seiner Umgebung und schreibt: „Die Schönheit des Inntals ist abendlich, sie ist wie eine Traube im Herbst. Die der Salzachlandschaft holdselig wie das Erröten eines blühenden Apfelzweigs. Es ist ein Unterschied wie zwischen der ersten Arie der Gräfin im Figaro und Schuberts Forelle.“

Buchtitel von Josef Hofmiller, „Wanderbilder und Pilgerfahrten“, Foto: Verlag Coppenrath

Leider verabsäumte es Josef Hofmiller, den Wallfahrts- und Verlagsort Altötting in seinem Büchlein zu erwähnen. Nichtsdestotrotz hat es sich Altötting nicht nehmen lassen, den Heimatschriftsteller mit einer Straßenbenennung im Süden der Stadt zu ehren.

Am 11. Oktober 1933, wenige Jahre vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, dem seine beiden Söhne zum Opfer fielen, verstarb Josef Hofmiller in Rosenheim an einem Gehirnschlag. Die letzte Ruhestätte fand er im Grab seiner Eltern am Münchner Ostfriedhof.

 

Quellen:        Josef Hofmiller, „Wanderbilder und Pilgerfahrten“, 6. Aufl. 1938;

Porträtzeichnung von Harald Werner, Benediktbeuern, „Heimaten des Geistes“, 1997