Nahaufnahme einer Pflasterstraße

Josef-Geiselberger-Straße

Josef-Geiselberger-Straße

von Manfred Lerch, Stadtheimatpfleger


Die Josef-Geiselberger-Straße zweigt in Altötting-Süd von der Trostberger Straße nach Osten ab und ist nach dem Buchdruckereibesitzer, Verleger und Bürgermeister Josef Geiselberger benannt. Geboren am 11. Mai 1891 im niederbayerischen Neuhaus am Inn nahe Passau, übersiedelte der junge Bauernsohn nach Altötting. 

Hier erlernte er in der Firma Lutzenberger am Kapellplatz (heute: Dekanatshaus) Buchdruckerei und Verlagswesen. Im März 1911 übernahm er die von seiner früh verwitweten Mutter Kreszenz Geiselberger (1851-1928) gekaufte Druckerei Büttner in der Neuöttinger Straße 32. Josef Geiselberger und sein drei Jahre jüngerer Bruder Dr. Hans Geiselberger (1894-1957) erwarben die Verlagsrechte des „Öttinger Anzeigers“ und gründeten gemeinsam die Firma Gebr. Geiselberger. 

Die Brüder Dr. Hans Geiselberger (links) u. Josef Geiselberger (rechts).

Bilder von Josef Geiselberger

Josef Geiselberger war nicht nur ein tüchtiger Geschäftsmann, sondern auch als rühriger Bürger bekannt, der sich bei vielen Vereinen engagierte, z. B. in der Schützengesellschaft, im Turnverein, der Freiwilligen Feuerwehr, dem Eisklub und dem Verschönerungsverein. Ein großzügiger Mäzen, der half, wo Unterstützung angebracht war! 

Als für das Straßenwesen zuständiger Stadtrat lag ihm die Verschönerung des Kapellplatzes und der Straßen besonders am Herzen, deren Asphaltierung er zügig durchsetzte. Die Kosten für Bepflanzung und gärtnerischer Pflege finanzierte er oft aus seinem Privatvermögen. 

Verlagsinhaber Geiselberger stand - parteipolitisch gesehen - mit seiner Zeitung der Bayerischen Volkspartei nahe. Darum war es eine Sensation, als er im Auftrag des Sonderkommissars beim Bezirksamt, Ludwig Malcomess, in einer außerordentlichen Sitzung am 27. März 1933 zum neuen kommissarischen Ersten Bürgermeister Altöttings ernannt wurde. Man glaubte offensichtlich, „durch diese Wahl in jeder Weise den besonderen Verhältnissen der Stadt als Wallfahrtsort entsprochen zu haben“ und wünschte ihm „vollen Erfolg zum Wohle der gesamten Stadt im Rahmen unseres neuen deutschen Vaterlandes unter der Führung des Reichskanzlers Adolf Hitler“.

Zwei Monate lang fanden nur wenige Stadtratssitzungen statt. Der Bürgermeister regierte meist nur auf dem Anordnungswege. Der neugebildete Stadtrat beschloss auf Vorschlag Geiselbergers, dem „Vorkämpfer und Wegbereiter der nationalen Regierung, Staatsminister Adolf Wagner, in dankbarer Anerkennung seines wohlwollenden Interesses für den Grenzbezirk Altötting“ das Ehrenbürgerrecht der Stadt zu verleihen. Ebenfalls einstimmig wurden der Bahnhofplatz in „Hindenburg-Platz“ und die Neuöttinger Straße in „Adolf-Hitler-Straße“ umbenannt. Kreisredakteur Eduard Baumann bemerkt dazu im Heimatbuch: „Dieser scheinbare Sinneswandel des bisher als „tiefschwarz“ bekannten Josef Geiselberger hatte vielfach Unverständnis ausgelöst. Allzu lange konnte dieser sein Täuschungsmanöver, durch das er Schlimmeres verhindern wollte, nicht durchhalten“.

Knapp fünf Monate nach dem Amtsantritt ereilte Geiselberger das gleiche Schicksal wie seinen Vorgänger Gabriel Mayer. In einer nächtlichen Sondersitzung am 22. August 1933 teilte der Fraktionsführer der NSDAP folgendes mit: „Auf Antrag der Kreisleitung und im Einverständnis der Gauleitung ist Herrn Josef Geiselberger mitzuteilen, dass er das Amt des Ersten Bürgermeisters der Stadt Altötting niederzulegen hat. (…) Herr Geiselberger hat sein Herüberschwenken zur nationalsozialistischen Bewegung dazu benutzt, den Einfluss gewisser Kreise zu stärken und zu erhalten. Damit ist ihm das Vertrauen, das Amt eines nationalsozialistischen Bürgermeisters zu führen, von der Gauleitung, Kreisleitung und Stadtratsfraktion der NSDAP entzogen“. 

Im Mittelpunkt des Wallfahrtsgeschehens 1930 stand die Seligsprechung Bruder Konrads. Aus diesem Anlass stiftete Josef Geiselberger einen vom Münchner Bildhauer Sebastian Osterrieder gestalteten Brunnen in einer Nische an der alten St.- Anna-Kirche. Dafür und in Anerkennung seiner Verdienste um die Vorbereitung und Ausgestaltung der Seligsprechungsfeier erhielt Josef Geiselberger aus der Hand des Apostolischen Nuntius Vasallo di Torregossa den päpstlichen Silvesterorden. 

Josef Geiselberger verstarb am 14. Juli 1943 und liegt in der Familiengruft des Michaelifriedhofs begraben. Sein Bruder, Dr. Hans Geiselberger, der auf der Erschießungs-Liste der SS stand, entzog sich Ende April 1945 durch Flucht und Versteck dem drohenden Todesurteil. Das Jahramt für die Gebrüder Geiselberger und verstorbenen Firmenangehörigen hält die Erinnerung seit Jahrzehnten an sie wach. 


Quellen:    Stadtarchiv Altötting
Beschlussbuch der Stadt Altötting
Heimatbuch Altötting – Herz Bayerns

Bruder Konrad Brunnen als Stiftung von Josef Geiselberger