Nahaufnahme einer Pflasterstraße

Gebhard-Fugel-Weg

Gebhard-Fugel-Weg

von Manfred Lerch, Stadtheimatpfleger

Gebhard Fugel erblickte am 14. August 1863 als zehntes Kind eines Obstbauern im schwäbischen Oberklöcken bei Ravensburg das Licht der Welt. Schon im Alter von fünf Jahren verlor er seine Mutter. Der künstlerisch begabte Bub besuchte zuerst die Zeichenschule in Ravensburg und studierte anschließend an der Stuttgarter Kunstakademie. 

Seine 1885 eingereichte Prüfungsaufgabe, das Ölgemälde „Jesus heilt Kranke“ – heute im Besitz des Provinz- und Missionshauses Hl. Kreuz, Altötting – löste bei den Juroren, die größtenteils noch dem altmodischen Nazarenerstil anhingen, eine regelrechte Empörung aus. Dies bewog Gebhard Fugel und seine Gleichgesinnten, in München 1893 die „Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst“ zu gründen, zu deren zweitem Präsidenten er später gewählt wurde. Für seine außerordentlichen Verdienste bekam er 1906 den Professorentitel verliehen. 

 

Bild von Gebhard Fugel

In den Jahren 1908 bis 1932 arbeitete er an 136 Bibelbildern des Alten und Neuen Testaments, die als Anschauungsmaterial für die Katechese beliebt und bis in die 50er Jahre fester Bestandteil des Religionsunterrichts waren. Heute haben diese an Aktualität verloren und dümpeln in schulischen Rumpelkammern dahin, bis sie im Papiercontainer entsorgt werden.

Fugels Spätwerk zählt 25 Aquarell-Entwürfe zum Thema „Apokalypse“ aus den Jahren 1917 bis 1930. Seine wohl größte schöpferische Leistung aber war der Bau des Altöttinger Panoramas Kreuzigung Christi (1902/03), obwohl die Kunst des Rundgemäldes sich damals schon im Ausklingen befand. Es gilt bis heute als weltweit einziges, noch im Original erhaltenes Kunstwerk mit religiöser Thematik.

Innenansicht vom Jerusalem Panorama Kreuzigung Christi

In nur wenigen Monaten wurde der zwölfseitige Zentralbau mit Vorhalle von der eigens dazu gegründeten sog. Panorama-Gesellschaft Altötting in Angriff genommen und durch die hiesige Baufirma Simon Lehner auf der Scharnagl-Wiese neben dem Unterholzner Sommerkeller (heute Stieglerkeller) errichtet mit einer Gesamthöhe von 26 Metern und 31 Meter im Durchmesser. Den entscheidenden Innenausbau mit seiner zylindrischen Konstruktion zum Aufhängen der 12 m x 95 m großen Leinwand fürs Rundgemälde von 1.200 m2 erledigten Bühnenfachleute aus München. 

Die Gesamtleitung lag in den Händen von: 

  • Historienmaler Gebhard Fugel für die Figuren
  • Landschaftsmaler Josef Krieger für die Landschaft
  • Baumeister Georg Völkl

Weitere Mitarbeiter:

  • Architekt Karl Augenstein (Baupläne)
  • Landschaftsarchitekt Heinrich Ellenberger (archäologische Rekonstruktion und Perspektive für Jerusalem)
  • Architekturmaler Karl Nadler.

Durch ein verglastes Lichtband auf dem Dach lässt sich die Helligkeit beliebig verändern. Der unmerklich-fließende Übergang von der Natur ins Gemälde (faux terrain) fasziniert damals wie heute den Betrachter, der durch einen dunklen Stollengang eine virtuelle  Zeitreise nach dem antiken Jerusalem des Jahres 30 n. Chr. antritt und auf dem Besucherpodium angekommen, Zeuge des Erlösertodes Jesu Christi wird. 

Die Eröffnung und kirchliche Weihe des Jerusalem-Panoramas Kreuzigung Christi fand am 18. Juli 1903 statt. Eine längst überfällige Generalsanierung in den 80er Jahren förderte gravierende Schäden zutage (Feuchtigkeit, bröckelnder Mauerputz, abblätternde Farben, undichte Dachhaut usw.). Heute erstrahlt das Panorama in neuem Glanz. Besucher kommen aus aller Welt. 

Zu erreichen ist das Panorama über den Gebhard-Fugel-Weg von der Kreszentiaheimstraße, der Maria-Ward-Straße und der Parkgarage am Forum.  Der frühere, unwürdige Zugang über die Neuöttinger Straße hat inzwischen durch den Neubau des Kultur + Kongress Forum Altötting und des Zuccalliplatzes an Attraktivität gewonnen. 

Ein schweres Augenleiden setzte der Seh- und Schaffenskraft Gebhard Fugels im fortgeschrittenen Alter ein baldiges Ende. Der Künstler starb am 26. Februar 1939 in seiner Münchner Wahlheimat und liegt auf dem dortigen Waldfriedhof begraben. 

Quellen:
Das Panorama in Altötting, Arbeitsheft Nr. 48, BLfD München, 1990
Jerusalem Panorama Kreuzigung Christi, Kunstführer 2014
Stiftung Panorama – Fotos: Herbert Bauer, Heiner Heine