Nahaufnahme einer Pflasterstraße

Eisengreinplatz

Eisengreinplatz

von Manfred Lerch, Stadtheimatpfleger


Geboren am 28. Dezember 1535 in Stuttgart als Sohn eines Bürgermeisters, wurde Martin Eisengrein streng nach der neuen protestantischen Lehre erzogen. Der begabte junge Mann erwarb sich an den Universitäten Tübingen, Ingolstadt und Wien eine gediegene Ausbildung, namentlich auf dem Gebiet der Philosophie und Rhetorik. Unter dem Einfluss seines berühmten Onkels, des kaiserlichen Vizekanzlers Jakob von Jonas, trat Eisengrein 1555 zum alten katholischen Glauben über und studierte mit großem Eifer in Wien Theologie. 1560 wurde er zum Priester geweiht, brachte es bis zum Prodekan der dortigen Hochschule und begeisterte seine Zuhörer mit scharfzüngigen Kontroverspredigten von der Kanzel des Stephansdoms. Dort wurde der bayerische Herzog Albrecht V. auf seinen Landsmann aufmerksam und es gelang ihm, Eisengrein für eine Professur der Theologie an der Universität Ingolstadt zu gewinnen. Außerdem bekam er dort die freie Pfarrstelle in St. Moritz und gründete die Universitätsbibliothek. 

 

Bild von Martin Eisengrein

Im Jahre 1563 ernannte Herzog Albrecht V. Eisengrein zu seinem Ratgeber und verlieh ihm die Präpositur in Moosburg. Er sandte ihn nach Rom, um den Prinzen Ernst zum Bischof von Freising zu erheben. Papst Pius V. (1566 bis 1572) verlieh Eisengrein wegen seiner zahlreichen Verdienste den Titel „Comes Palatii Lateranensis“, den er aus der Ewigen Stadt mit nach Hause brachte. 

Nach Wiederaufnahme seiner Amtstätigkeit in Ingolstadt erhielt Eisengrein 1567 von Herzog Albrecht V. die Würde eines Stiftspropstes von Altötting zugesprochen. Seelsorgerische Aufgaben und die Hebung der Marienwallfahrt waren sein Herzensanliegen. Daher widmete er sich mit ganzer Kraft der Gegenreformation und schickte zahlreiche, gegen den herrschenden Sektengeist gerichtete Rundschreiben an die umliegenden Städte Burghausen, Braunau, Schärding, Neuötting, Ried usw. Man trug ihm sogar das Bischofsamt von Laibach, Gurk und Lavant an, doch Eisengrein schlug dieses Ansinnen aus. 

Zwischen 1550 und 1560 erlebte die Wallfahrt Altötting den absoluten Tiefpunkt seit ihrem Bestehen; ja sie schien sogar vollends zu versiegen. Marien- und Heiligenverehrung, Reliquienkult, Ablasswesen und Rosenkranzgebet wurden bespöttelt. Zudem weitete sich 1562/63 die leidige Pest aus. 

In Eisengreins 11-jähriger Amtszeit leitete 1570 ein spektakuläres Ereignis die Wende ein: Die Teufelsaustreibung in der Gnadenkapelle Unserer Lieben Frau zu Altötting vom 21. bis 23. Januar durch den bekannten Jesuitenpater Petrus Canisius. In Augsburg war die 17-jährige Anna Bernhauser, eine Kammerzofe der Gräfin Fugger, von einem bösen Geist besessen. Teilweise war ihr Zustand schon in Augsburg erleichtert worden, von dem letzten siebenten bösen Geist aber, der sie immer noch schrecklich marterte, sollte sie nach einer, ihr zuteil gewordenen Offenbarung, nur in der Gnadenkapelle befreit werden. Endlich am dritten Tage, dem Fest Mariä Vermählung (23.1.) endete die satanische Gewalt. Der siebte Teufel war ausgetrieben und die Kammerzofe geheilt.

Bild aus der Dioramenschau Altötting zur Teufelsaustreibung in der Gnadenkapelle.

Dieses Ereignis sowie ein anschließender Besuch des Landesfürsten sprachen sich überall herum und leiteten einen neuen Aufschwung der Wallfahrt nach Altötting ein, an der die Jesuiten als Seelsorger ab 1591 maßgeblichen Anteil hatten. Leider war Propst Eisengrein bei der Teufelsaustreibung wegen einer Krankheit nicht zugegen. Dennoch ließ er sich über deren Ablauf genauestens informieren. Das Protokoll zählt insgesamt 16 Augen- und Ohrenzeugen namentlich auf. Die reformatorisch Gesinnten verhöhnten deswegen Propst Eisengrein als „unflätige Rotznas zu Ingolstadt“.

In Anerkennung seiner Verdienste um den Wiederaufschwung der Wallfahrt verlieh Papst Pius V. in einem Breve (päpstlicher Erlass) vom 5. April 1571 Propst Eisengrein und allen seinen Nachfolgern im Amte das Recht zum Gebrauch der Pontifikalien Mitra, Stab und Ring. Diese Szene hat der Trostberger Bildschnitzer Joseph Kapfer (1754 bis 1828) als Medaillon im Chorgestühl der Stiftskirche verewigt. 

Propst Martin Eisengrein starb am 3. Mai 1578 im 42. Lebensjahr zu Ingolstadt und ist in der dortigen Kirche St. Moritz bestattet, wo ein Epitaph an ihn erinnert. Altötting hat ihm zu Ehren den Eisengreinplatz benannt. 


Quellen: 
Martin Eisengrein: Unser liebe Fraw zu Alten Oetting, 1571 ff.
Die Altöttinger Stiftspfarrkirche St. Philippus und Jakobus, 2010