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Einbruch in die Altöttinger Schatzkammer

von Hannes Schneider

Eher „der Brechstange zugeneigt“, so sahen sich die Berliner Unterwelt-Ringvereine vom milieubezogenen Berufsethos her. Diese Branche der „OK“ (organisierten Kriminalität) der Goldenen Zwanziger schränkte Tresore, machte einen (Ein-)Bruch oder vertickte als Hehler die Sore (Beute).

Genau diesem kriminellen Selbstbild hingen auch die beiden Ganoven von der Spree nach, die in der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober 1921 – also vor genau einhundert Jahren! - in die Schatzkammer der Altöttinger Stiftspfarrkirche einstiegen.  Vom romanischen Portal aus bohrten sie in die Kirchentüre ein faustgroßes Loch, um die Sperrvorrichtung zu überwinden. Aus dem Kirchenraum gelangten sie vor die Schatzkammer, deren Mauer sie an einer Schwachstelle durchbrachen. Insbesondere hatten es die Knastbrüder Fritz Priebe und Otto Behrens auf das Prunkstück der Sammlung, das einzigartige „Goldene Rössl“, abgesehen. Um den Abtransport der Beute zu erleichtern, war das Marienaltärchen dilettantisch zerteilt und erheblich beschädigt worden. Zum Verhängnis wurde dem Gaunerduo eine einfache aber dennoch effektive, elektrische Alarmanlage, die die Gendarmerie alarmierte. Bei der Festnahme der bewaffneten Täter kam es zu Abgabe von Schüssen durch die Polizei. Priebe verstarb elf Tage nach der Tat an den Folgen seines Bauchschusses. Behrens erholte sich von einem Beckenschuss und wurde im Jahr 1922 wegen des Deliktes zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt.

Detailaufnahme-Goldenes-Roessl-Schatzkammer

Begibt man sich, z.B. im Rahmen einer Stadtführung, auf kriminalistische Spurensuche, so sind hundert Jahre nach der Tat am „Goldenen Rössl“ die Folgen des Verbrechens nicht mehr wahrnehmbar. Hochqualifizierte, mehrjährige Restaurierungs-maßnahmen in den Werkstätten des Bayerischen Nationalmuseums führten das Unikat aus dem „Herbst des Mittelalters“ zu altem Glanz zurück. In der Eichentüre im Westwerk der Stiftspfarrkirche findet sich jedoch noch die Bohr-, nunmehr Reparaturstelle, an der die Diebe ansetzten. Ungeklärt ist weiterhin die Person des „dritten Mannes“ im Hintergrund, der vielleicht der Auftraggeber aus dem „Milljöh“ war.