2013 sorgen langanhaltende Niederschläge großräumig für Schäden, 2016 überschwemmt eine Flutwelle Simbachs Ortskern, 2024 versinken weite Teile Süddeutschlands im Hochwasser – Starkregenereignisse sind längst keine Seltenheit mehr. Angesichts ihrer Zunahme möchte Altötting einen dauerhaften Hochwasserschutz aufbauen. Ein wichtiger Schritt ist nun getan: Die Kreisstadt arbeitet gemeinsam mit der Technischen Universität München (TUM) an einem Projekt zur Hydrologie des Mörnbachs.
Im Rahmen des Projekts sollen die Möglichkeiten einer dezentralen Rückhaltung von Oberflächenwasser mittels Retentionsflächen eruiert werden, also Areale, die im Falle von Hochwasser überschwemmt werden und dieses so verringern. Begleitet von Professor Dr. Markus Disse, Leiter des Lehrstuhls für Hydrologie und Flussgebietsmanagement an der TUM, wird Federica Mesto im Rahmen einer Doktorarbeit Berechnungen der Hydrologie unter besonderer Berücksichtigung der Versickerung des anfallenden Niederschlagwassers im gesamten Einzugsgebiet des Mörnbachs durchführen. Für die Erstellung eines hydrologischen Modells sind regelmäßige Messungen von Wetterdaten, Pegelständen, Bodenfeuchte sowie Niederschlags- und Abflussmengen notwendig, die die Stadt Altötting vornehmen wird. In seiner Februarsitzung hat der Stadtrat die Anschaffung der entsprechenden Geräte beschlossen.
Erstmals ganzheitliche Betrachtung
Die Doktorarbeit ist für drei bis vier Jahre angesetzt und ermöglicht erstmals eine ganzheitliche Betrachtung auf Grundlage valider Messwerte. Da es keinen Flusspegel am Mörnbach gibt, kann nicht auf konstante Messreihen zurückgegriffen werden, die bisher durchgeführten Messungen der letzten Jahre sind für die neue Berechnung nicht ausreichend. Das Wasserwirtschaftsamt Traunstein hatte als Hochwasserschutzmaßnahme die Ableitung über ein Tunnelsystem in den Inn geplant. Dies ist für die Kreisstadt so jedoch nicht realisierbar, wie Erster Bürgermeister Stephan Antwerpen erläutert: „Nach heutigem Stand betragen die Kosten dafür rund 50 Millionen Euro, wovon der Freistaat die Hälfte übernimmt. Für Altötting ist der finanzielle Aufwand dennoch so hoch, dass wir für die nächsten Jahre handlungsunfähig wären.“ Durch eine Ableitung würde überdies anfallendes Oberflächenwasser nicht mehr für die Landschaft zur Verfügung stehen, weshalb die Kreisstadt – gerade vor dem Hintergrund zunehmender Trockenheit und sinkender Grundwasserspiegel – einen ökologischen Umgang mit Starkregenereignissen anstrebe. Die Stadt nahm daher Kontakt zur TUM auf. „Mit der Kooperation eröffnet sich für uns eine tolle Möglichkeit, um wissenschaftlich fundiert zu ermitteln, wie viel Wasser tatsächlich in Altötting ankommt. Daraus können wir eine erste Handlungsempfehlung für den Hochwasserschutz ableiten.“ Damit dieser langfristig funktioniere, setze sich die Kreisstadt für eine interkommunale Zusammenarbeit ein, wie das Stadtoberhaupt weiter betont: „Eine Gemeinde allein kann das nicht bewerkstelligen, daher sind wir bereits mit anderen Kommunen im Gespräch. Langfristig wäre jedoch eine Gesetzesänderung notwendig, damit Maßnahmen gegen Hochwasser auch finanziell stärker gefördert werden.“